22.07.2004
Wirtschaft


Wenn nichts mehr hilft, hilft vielleicht der Jobpate

Es soll Arbeitslosen helfen, einen Job zu finden, und Jugendliche beim Suchen nach einer Lehrstelle unterstützen - das Jobpatenmodell. Die Idee ist nicht neu, im Zuge einer Initiative der Bundesregierung wurde sie allerdings wieder entdeckt.

Von Carola Pigisch, Pforzheim

Auf der Suche nach einem neuen Ehrenamt ist der IT-Berater aus Weil der Stadt auf das Jobpatenmodell der Diakonie Oder/Spree gestoßen. Dort werden Menschen gesucht, die als Angestellte oder Unternehmer mitten im Arbeitsleben stehen und mit ihrer Erfahrung und ihren Beziehungen Kontakte herstellen können. So solle es gelingen, den einen oder anderen zu vermitteln. Der Weil der Städter hat sich gemeldet und wird jetzt Jugendliche unterstützen, die eine Lehrstelle suchen. "Ich habe selbst Kinder in dem Alter und kenne die Jugendarbeit aus einem früheren Ehrenamt", sagt er. Ein Patenkind hat er bereits.

Dass diese Aufgabe viel Arbeit bedeutet, Arbeit, die nicht bezahlt wird, weiß er. Eine Bewerbung, ein Lebenslauf muss heute anders aussehen als noch vor 20 Jahren. "Natürlich muss ich Literatur wälzen und mich kundig machen", sagt er. In seinem Job als IT-Berater komme er viel rum und kenne einige Firmen. Er hofft, dass er über den persönlichen Kontakt mehr erreichen kann für die jungen Leute, dass eventuell das eine oder andere Unternehmen eine weitere Ausbildungsstelle schafft.

Erst vor kurzem wurde das Jobpatenmodell auf Ausländer und Auszubildende übertragen. In Berlin, so erzählt Jutta Anne Kleber von der Diakonie Oder/Spree, gingen die Jobpaten sogar in die Schulen, um die Patenschaften möglichst früh zu beginnen. In der Hauptstadt hat das Jobpatenmodell vor vier Jahren für Arbeitslose begonnen. Mittlerweile haben 102 Menschen mit Hilfe eines Jobpaten eine neue Stelle gefunden und arbeiten dort bereits länger als ein Jahr. Die meisten von ihnen sind Langzeitarbeitslose gewesen, waren also länger als ein Jahr ohne Beschäftigung. Zahlen für die gesamte Bundesrepublik existieren noch nicht. Mehr als 90 sogenannte Jobberater sind zur Zeit für das Patenmodell im Einsatz. Bis in drei Jahren, so das Ziel, sollen über all in Deutschland Jobpaten vertreten sein. Richtig bekannt war das Modell bis vor kurzem nur im Berliner Raum. Seit die Diakonie aber bei der Initiative "Teamarbeit für Deutschland" mitmacht, haben mehr Menschen von der Idee erfahren und das Jobpatenmodell hat Zulauf bekommen. Die Initiative wurde im vergangenen Jahr vom Bundeswirtschaftsminister ins Leben gerufen - mit dem Grundgedanken, ein Netzwerk für Arbeitssuchende zu schaffen. Arbeitslosigkeit sei ein gesellschaftliches Problem, sagt Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement. Deshalb müsse sich an der Lösung auch die ganze Gesellschaft beteiligen.

Sämtliche Institutionen, die sich in einer Region um Arbeitslose oder Lehrstellensuchende kümmern, Unternehmen oder einfach nur Menschen, die sich engagieren wollen, sollen künftig in der Initiative zusammenarbeiten. Das Ziel: Ein Arbeitssuchender soll nicht mehr zu Hinz und Kunz rennen müssen, um Hilfe zu finden, sondern alle möglichen Ansprechpartner aus seiner Region gebündelt finden - unter der Internetadresse http://www.teamarbeit.de.

Um die möglichen Ansprechpartner tatsächlich zu vernetzen, werden an verschiedenen Orten Aktionstage veranstaltet, prominentester Teilnehmer ist jedes Mal der Bundeswirtschaftsminister. Gestern hat der 15. Aktionstag in Pforzheim stattgefunden. Auch der Neujobpate aus Weil der Stadt ist dort gewesen und hat die Leute von der Diakonie, die er bisher nur vom Telefon kannte, persönlich getroffen. Zwischen 850 und 900 Menschen, sagt eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, engagieren sich zurzeit für die "Teamarbeit Deutschland". Rund 240 Unternehmen machen mit. Der Bund hat etwa zehn Millionen Euro für die Initiative bereit gestellt, die vorerst noch bis Ende der Legislaturperiode im Jahr 2006 laufen soll. Das ist wenig Geld im Vergleich zu den Milliardensummen, die pro Jahr für Arbeitsmarktmaßnahmen ausgegeben werden, deren Erfolg nicht selten zweifelhaft ist. Auch Clement weiß das. "Wir waren bisher erschreckend erfolglos bei der Bekämpfung der Arbeitslosigk eit", sagte er gestern in Pforzheim.

Im Mittelpunkt des Aktionstages stand die Ausbildung. Schüler hatten eigens frei bekommen, um sich im Kongresszentrum bei Unternehmen zu informieren. Hier werde die große Politik in die Praxis umgesetzt, sagt Diakonie-Mitarbeiterin Jutta Anne Kleber. Auf der politischen Ebene schließe man einen Pakt für mehr Ausbildungsplätze. An der Basis würden sie dann tatsächlich geschaffen. Es könne durchaus passieren, dass ein Unternehmer nach einem Gespräch mit einem Jugendlichen noch einen zusätzlichen Ausbildungsplatz zur Verfügung stelle.




Quelle: Stuttgarter Zeitung online